Tremelhof

Wr. Neustädterstraße 12, abgerissen 1996

Infos

1872 erbaut, 1902 durch Ludwig Tremel erweitert, Baumeister Rudolf Reiter
Besitzer: Familie Tremel (1886-1932), Franz & Richard Schlesinger (1932)

Ludwig Nikolaus Tremel

Ludwig Nikolaus Tremel, geboren 1836 in Neuern (Böhmen), schaffte den Aufstieg vom „ersten Mundkoch seiner kaiserlichen Hoheit Erzherzog Ludwig Joseph“ zum Hotel- direktor. Er leitete ab 1870 das neu errichtete Grand Hotel in Wien. Dieses war namentlich 1898 in einem Unterschlagungs- und Betrugsskandal rund um Tremels Söhne Victor Eduard (1865-1899) und Louis (Ludwig) Eduard (1863-1908) verwickelt.

Victor, Liquitator bei der „Währinger Communal-Sparcassa“, versorgte seinen jüngerer Bruder Louis, Küchenchef im Grand Hotel, mit Geld, da dieser große Wettschulden hatte (Trabrennplatz). Der Betrug flog auf und es kam zu einer Gerichtsverhandlung. Victor starb noch vor der Urteilsverkündung und wurde am Vöslauer Friedhof im Familiengrab, in dem schon 1894 seine Mutter begraben wurde, beigesetzt. Sein Bruder Louis flüchtete – angeblich nach New York. Er soll allerdings 1908 in London gestorben sein. Der Skandal rund um seine Söhne dürfte Ludwig Tremel sicherlich tief getroffen haben, denn er selbst war ein tüchtiger Mann, der sich sein Vermögen mit viel Arbeit redlich verdient hatte.

1884 kaufte er in Vöslau die „Hügel-Villa“ und zwei Jahre später erwarb er den „Tremelhof,“ der bis 1932 im Familienbesitz bleiben sollte. Noch weitere 4 Häuser waren zeitweise in seinem Besitz. Von 1900 bis 1908 engagierte sich Ludwig Tremel im Vöslauer Gemeinderat. Er starb 1913 im Alter von 77 Jahren und wurde im Familiengrab beigesetzt. Seine Enkelin Maria Pfann (Tochter von Victor) verkaufte die Villa 1932. Maria, ihr Mann Ernst und auch ihr Sohn Peter wurden ebenfalls in der Familiengruft am Vöslauer Friedhof begraben.

 

Franz und Richard Schlesinger

Anfang 1932 erwarben die Brüder Franz (geb. 1900) und Richard (geb. 1904) Schlesinger den Tremelhof. Ihr Vater Gustav betrieb in Wien ein Textilunternehmen, das Webwaren herstellte, Franz und Richard waren stille Gesellschafter der Firma. 1938 änderte sich das Leben der jüdischen Familie radikal. Sie hatten jedoch die Zeichen der Zeit erkannt und rechtzeitig ihre Flucht aus Österreich geplant. Franz wanderte nach Santiago in Chile aus, sein Bruder Richard nach Australien. Beide kehrten nie wieder nach Österreich zurück. Die Eltern blieben bis 1941, konnten aber in letzter Minute nach Amerika emigrieren.

Der Tremelhof kam durch „Kauf“ in den Besitz eines ranghohen Parteifunktionärs. Nach dem Krieg bemühten sich Richard und Franz um die Rückstellung ihres Eigentums. Dies erwies sich als besonders langwierig, das Verfahren wurde erst 1971 abgeschlossen!