Mehr Informationen zu den einzelnen Stationen

Foto: Silke Ebster

Die neugotische Maria Immaculata Skulptur an der Rathaus-Fassade ist viel mehr als nur eine Heiligenfigur: Sie steht für eine neue religiöse Ära

Die Maria Immaculata Skulptur an der rechten Gebäudefassade des Rathauses stammt aus der Neugotik (18./19. Jh.) Marienfiguren oder Heiligenfiguren sind an sich nichts Außergewöhnliches. In diesem Fall steckt aber eine Geschichte dahinter, beziehungsweise eine „Glaubensfrage“: Im Jahr 1761 kaufte der Schweizer Handelsmann Johann Graf von Fries die Herrschaft Vöslau. Johann war calvinistischen Glaubens. Als er in Vöslau herrschte, gab es daher keine katholische Kirche, geschweige denn eine Marienfigur an einer seiner Fassaden

Der Calvinismus ist eine (strenge) religiöse Glaubenslehre innerhalb des Protestantismus, gegründet vom Franzosen Johanes Calvin. Die Theologie Calvins betont die unbedingte Heiligkeit Gottes. Alles Menschenwerk, der Kultus der katholischen Kirche mit Sakramenten und Reliquien galten als Versuche, die Souveränität Gottes einzuschränken.

Am 29.8.1764 heiratete Fries die Französin Anne d’Escherny, die aus einer reichen Hugenottenfamilie stammte, in Paris. Am 7.9.1765 wurde Annes und Johanns erster Sohn, Franz Josef Johannes, geboren und am selben Tag in der Stephanskirche „reformiert“ getauft. Taufpaten waren Kaiserin Maria Theresia und Kaiser Joseph II., vertreten durch den kaiserlichen Obristen Joannis von Krempel. Das war ein seltener Ausdruck der Wertschätzung der Monarchen für einen verdienten Calvinisten. Noch erstaunlicher ist die Taufe des Kindes eines Calvinisten im Wiener Stephansdom.

Johanns Enkelsohn Moritz II. heiratete die vermögende Flora von Pereira-Arnstein. Floras Eltern waren die berühmte Salonniére Henriette von Arnstein und der Bankier Heinrich Freiherr von Pereira. Das Ehepaar Pereira-Arnstein konvertierte vom Judentum zum katholischen Glauben. Flora wuchs also als strenge Katholikin auf. Der Liebe wegen konvertierte Moritz II. rund um 1850 zum Katholizismus. Fünf Jahre später platzierte die Familie Fries die Maria Immaculata als Zeichen der neuen religiösen Gesinnung an der Schlossfassade.