Schloss Vöslau

Schlossplatz 1

Infos

um 1136 erstmals erwähnt, ab 1773 Umbau der Wasserburg in ein Schloss
Besitzer: Familie Grafen Fries (1773-1826, 1837-1901), Moriz von Gutmann (1901-1934), Käthe von Gutmann (1934-1938)

Familie von Gutmann

Als langjährige und treue Gäste des Kurortes Vöslau erwiesen sich die „Kohlen-Gutmanns“. 1871 kamen Wilhelm und David von Gutmann samt Familien zum ersten Mal nach Vöslau, Häuser erwarben sie jedoch nicht in Vöslau, sondern in Baden: Wilhelm erbaute die „Villa Gutmann“ (oder „Villa Ida“) in der Helenenstraße 72, David kaufte ein Anwesen in der
Weilburgstraße 16.

Aus ärmlichen Verhältnissen stammend, erhielt Wilhelm Gutmann (1826-1895) zunächst eine Ausbildung als Lehrer und wurde zum Studium der Theologie bestimmt. Der frühe Tod seines Vaters zwang ihn jedoch, für seine Mutter und Geschwister zu sorgen. Daher stieg Wilhelm Gutmann zu Beginn der 1850er Jahre in das aufstrebende Kohlegeschäft ein. 1853 gründete er dann zusammen mit seinem jüngeren Bruder David (1834-1912) durch den Ankauf von Kohlegruben im Ostrauer Revier das Unternehmen „Gebrüder Gutmann“, das in den folgenden Jahren sehr rasch eine zentrale Stellung bei der Kohleversorgung Österreich-Ungarns erlangte. Sie revolutionierten im 19. Jahrhundert den Energiemarkt, indem sie in Wien ein kleingliedriges Vertriebssystem schafften, das Haushalte mit Kohle versorgte. Wegen ihres großen wirtschaftlichen Erfolgs wurden die Brüder Wilhelm und David
Gutmann bald auch als die „Kohlen-Gutmanns“ bezeichnet.

Sehr früh den Wert des Humankapitals erkennend, waren vor allem ihre sozialen Leistungen für die dort tätigen Arbeiterinnen und Arbeiter durch Schaffung von Wohnungen, Kindergärten, Unterrichtsanstalten und anderer sozialer Einrichtungen sowie einer Art Unfall- und Pensionsversicherung von Bedeutung. In Wien ließen sie die Poliklinik errichten und unterstützten zahlreiche jüdische Sozialeinrichtungen.

 

Moriz (Moritz) von Gutmann

Wilhelms Sohn aus der Ehe mit Ida Wodianer (1847-1924), Moriz von Gutmann, kam 1871 während des Sommeraufenthaltes in Vöslau zur Welt. Im Gegensatz zu seinem älteren Bruder Max Gutmann (1857-1930), der die Geschäfte von seinem Vater Wilhelm übernahm, lebte Moriz das typische Leben des jüngeren Bruders. Er wuchs in großem Wohlstand auf, besuchte die besten Schulen und erhielt eine gute Ausbildung. Das riesige Familienvermögen ermöglichte es Moriz als „Privatier“ zu leben und sich als Schriftsteller zu verwirklichen.

1897 heiratete Moriz Marie von Schulheim (1870-1941), mit der er bereits zwei Jahre zuvor seine Tochter Wilhelmine (1895-1943) und seinen Sohn Wilhelm (1896-1966) bekommen hatte. Zwei weitere Kinder folgten, Etelka (geb. 1898 in Vöslau) und Rudolf (geb. 1902). 1901 kaufte Gutmann das Schloss in Vöslau. „Verflossenen Sonntag ist der neue Gutsherr, Moritz Ritter von Gutmann, welcher das gräflich Fries'sche Schloß käuflich erworben hat, hier mit seiner Frau angekommen und wurde demselben vonseiten der Einwohnerschaft ein überaus herzlicher und sympathischer Empfang bereitet.“

Moriz war ein großer Pferdesportliebhaber, er besuchte oft Pferderennen und bestritt auch selbst einige Rennen. Seine Frau teilte diese Leidenschaft mit ihm, ebenso waren beide begeisterte Jäger und engagierten sich im Vöslauer Schützenverein. Im August 1916 ließ sich Moriz Gutmann von seiner Frau scheiden und heiratete kurz darauf die 20 Jahre jüngere Katharina „Käthe“ Frankl, die seine Schülerin gewesen sein soll. Sie hatte sich als Rezitatorin einen guten Namen gemacht. Besonders in den 1920er Jahren war sie sehr gefragt und hatte nicht nur in Österreich Auftritte. „Den Abend eröffnete Käthe von Gutmann mit einem wirkungsvollen Prolog ihres Gatten, Moriz von Gutmann“, schrieb am 3. Mai 1925 die ungarische Zeitung Külföldy Magyarság.

Moriz starb 1934 und es blieb ihm erspart, die Deportation seiner Frau Käthe 1938 und ihre Ermordung 1942 in Maly Trostince (Belarus) miterleben zu müssen. Sein Besitz wurde arisiert, die Gemeinde Bad Vöslau kaufte am 12. Juli 1940 um 130.000 Reichsmark das Schloss. Das Geld wurde auf ein Reichskonto überwiesen, die Familie Gutmann bekam das Geld jedoch nicht ausbezahlt. Zu diesem Zeitpunkt waren im Schloss schon zwei Jahre hindurch Einheiten der Deutschen Wehrmacht einquartiert, denen dann volksdeutsche
Umsiedler, ein Wehrmachts-Lazarett und im April 1945 die Russen folgten. 1947 wurde das ruinöse Schloss an Moriz ältesten Sohn Wilhelm zurückgeben, der es 1951 jedoch wieder der Gemeinde Bad Vöslau um damalige 140.000 Schilling verkaufte.